Sonntag, 10. Oktober 2010

Schlatter unterwegs LXXXXV: Lerne neue Dimensionen Wiens in den Wohnbausiedlungen im 23. Bezirk kennen

Bruno Schlatter teilt mit (Samstag, 9.10.2010)

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Wohnbausiedlung (eine kleine Stadt für sich)

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Letzte Woche im Werk

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Habib & Kazoo

 

Am Abend gibt es Besuch. Erhalte ‚Den Hang zum Schönen‘. Ein frühes Werk von Christian Futscher mit einer Futschinho-Foto als Lesezeichen, schliesslich ist er der Spieler in der Österreichischen Nationalmannschaft mit der filigransten Technik, der unheimlichen Übersicht und den Pässen, die wie Seziermesser in die gegnerische Verteidigung schneiden. Freue mich auf seine Aufzeichnungen der Erzählungen von Frau Grete, einer typischen Wienerin, was den Nachteil hat, dass das Buch viel Wiener-Dialekt enthält, weshalb ich vielleicht nicht alles verstehen werde.

Langsam füllt sich der Tisch und ich kann meinen Kummer, Wien zu verlassen, in netter Damengesellschaft ertränken. Später gibt es Spaghetti mit Sauerrahm-Thunfisch-Pestosauce und Käsesalat. Spannenden Gesprächen folgt ein Besuch des Café Concerto, wo auch Kultschal wieder dazustösst, die zwischendurch mit einer Kollegin im Kino war. Bei Cuba Libre und hochinteressantem Mix aus altem Blues und Jazz – des ein wenig verdrückt in seinem Eckerl sitzenden DJ’s, den man eher als Versicherungsvertreter einschätzen würde – werden letzte Nettigkeiten ausgetauscht und gegenseitige Besuche versprochen.

Frühmorgens Mozart mit den Klaviersonaten K. 310 K. 333 und K. 545 interpretiert von Maria Joao Pires, 1989. Damit putzt es sich aus einem Guss. Starte mit der Stube, wechsle in die Küche und nehme die ersten Böden auf, um während der Trockenzeit einige Einkäufe zu erledigen.

Zum zweiten Putzeinsatz – ausnahmsweise auch mal eine zweite CD, so werde ich morgen die letzte der Haussammlung hören können – motiviert mich Chopin, Piano Concert No. 2, Royal Philharmonic Orchestra mit schon wieder Maria Joao Pires.

Weiterarbeit am Interview mit Judith Braband.

Um 3 treffe ich Peter Paul Skrepek am Margarethenplatz. Er war in den 80ern der Kulturminister in der Republik Kugelmugel. Er steht heute noch zum absoluten Herrscher Edwin Lipburger und seinen Ideen, hört aber seit Jahren nichts mehr von ihm. Ob dieser noch lebt, weiss er – wie viele andere – auch nicht genau, er habe wenigstens nichts vom Tode gehört, folglich lebe er, im Prinzip lebe Lipburger ewig. Skrepek ist ein scharfer Denker und Kritiker. Mit andern Ministern sei mal überlegt worden, die Macht an sich zu reissen im Staate Kugelmugel, aber die Macht Lipburgers sei letztlich sakrosankt. Er hat selber Konzerte in der Republik Kugelmugel drin gegeben und mag sich gut an ihr Aussehen erinnern.

Dann radle ich weit die Triester Strasse hinaus in eine neue Dimension Wiens, lande in der Vorstadt mit riesigen Wohnbauten. Ich werde der erste, der Walter Eckharts Wohnung das erste Mal ohne weitere Telefongespräche findet – nicht ohne den Kopf zu schütteln über die Kennzeichnungslogik der österreichischen Verkehrsplaner. Walter Eckart war mal Versicherungsvertreter, ist heute pensioniert und bewirtschaftet seine Latifundien als Wein- und Obstbauer, aber auch Autor, Uhudler-Verfechter und guter Freund von Robert Sommer und seit heute Minister für Fürstliches und Alkoholverwertung in Noseland. Der gewiefte Geschichtenerzähler beleuchtet mir die Augartenstadt aus seinem Blickwinkel mit dem Hinweis, dass es ihm dort wirklich sehr wohl sei, dass er akzeptiert werde und seinen epikurischen Vorlieben nachgehen dürfe.

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Maria Joao Pires

Peter Paul Skrepek

Walter Eckhardt und der Uhudler

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